Wissenschaftliches Profil

Das wissenschaftliche Profils der GPT wurde in sieben Thesen gefasst, die von einer Arbeitsgruppe unter Federführung von Dr. Günther Meng in Mainz entworfen und durch Vorstand und Kuratorium bei einer gemeinsamen Sitzung in Münster in Westfalen finalisiert und verabschiedet wurden.  

Sieben Thesen zum wissenschaftlichen Profil der Gesellschaft für Phytotherapie

Die Gesellschaft für Phytotherapie (GPT) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, deren Hauptaufgabe die Förderung wissenschaftlicher Arbeit zum Thema "Phytotherapie“ ist. Dazu gehört insbesondere auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, das Setzen wissenschaftlicher Standards für die Forschung zur Phytotherapie und das Erschließen neuer Wirkstoffe und Anwendungsgebiete. Dazu trägt auch die Unterstützung von Verbundprojekten bei. Die wissenschaftliche Tätigkeit beinhaltet auch den internationalen Erfahrungsaustausch mit Fachgesellschaften anderer Länder, die ebenfalls die wissenschaftliche Erforschung der Phytotherapie in ihren Regionen fördern. Unter dem Begriff „Phytotherapie“ wird in allen diesen Zusammenhängen die therapeutische Anwendung pflanzlicher Arzneimittel im Rahmen einer Evidenz-basierten Medizin verstanden.

2.

Nach dem Verständnis der GPT bedeutet „Evidenz-basierte Medizin“ gemäß Sackett (Sackett 1996) dabei die Integration der besten durch systematische klinische Studien erlangten Daten mit der individuellen Expertise des erfahrenen Therapeuten oder Apothekersbei einer auf den Patienten persönlich zugeschnittenen Gesamttherapie nach anerkannten medizinethischen Grundsätzen, wie sie zum Beispiel von Beauchamps und Childress formuliert wurden: Patientenautonomie, Nicht-Schaden, Intention zu helfen, Therapie-Gerechtigkeit (Beauchamps u. Childress 2012).

3.

Zu den besonderen Aspekten der wissenschaftlichen Arbeit mit Phytopharmaka gehört nach Auffassung der GPT, dass einzelne dieser Wirkstoffe einerseits der schulmedizinischen Anwendung zugerechnet werden, wohingegen andere dem Bereich der komplementären Medizin zugeordnet werden. Hierbei meint der Begriff „Komplementärmedizin“ denjenigen Bereich des Methodenspektrums der Evidenz-basierten Medizin, der ethisch verantwortet angewandt, aber nicht der Hochschulmedizin zugerechnet wird. Dem entspricht im EU-Zulassungsrecht mit weitem Spielraum der Status der „vollzugelassenen Phytopharmaka“ beziehungsweise der „registrierten traditionellen pflanzlichen Arzneimittel“.

4.

Zu den Feldern der Forschung zur Phytotherapie gehören für die GPT insbesondere folgende Bereiche:

  • Die Droge einschließlich Wachstumsbedingungen, Sorten-Varietäten und deren Optimierung
  • Grundlagenforschung zum Thema Phytotherapie
  • Die Aspekte der Herstellungs-Technologie
  • Die analytische Untersuchung der Wirkstoff-Zusammensetzung
  • Die pharmakologischen Wirkungen des gesamten Wirkstoffs und seiner Anteile sowie insbesondere die Art und Weise ihres Zusammenwirkens
  • Die Besonderheiten der galenischen Entwicklung von Arzneiformen mit pflanzlichen Wirkstoffen
  • Die Aspekte ihrer klinischen Wirksamkeit
  • Die Fragen zur Anwendungssicherheit von präklinisch-toxikologischen Modellen bis hin zur Erfahrung unter Praxisbedingungen
  • Alle Aspekte zur tatsächlichen Anwendung von pflanzlichen Arzneimitteln (Versorgungsforschung)
  • Die Untersuchung des Profils der traditionellen Anwendung (insbesondere bei den registrierten pflanzlichen Arzneimitteln) einschließlich der genauen Erfassung der Modalitäten der Anwendung in der Praxis.

5.

Den Methoden der Versorgungsforschung (incl. Pharmakoepidemiologie) kommt dabei neben denen der klassischen Wirksamkeitsforschung insofern besondere Bedeutung zu, als nur sie in der Lage ist, die mit der Berücksichtigung der Autonomie des Patienten in der praktisch-therapeutischen Situation verbunden Aspekte zu untersuchen oder auch die Relevanz der Ergebnisse, z.B. randomisierter Doppelblindstudien, für die Praxis zu überprüfen.

6.

Neben diesen Fragestellungen, die sich wesentlich auf einzelne Wirkstoffe beziehen, sind für die GPT auch Fragen zu Besonderheiten der Wahrnehmung pflanzlicher Arzneimittel durch den Patienten und den semispezifischen, also Wirkstoffgruppen-bezogenen Effekten relevant. In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, ob der pflanzliche Charakter dieser Arzneimittel eine Auswirkung auf den Erfolg der jeweils individuell gewählten, also personalisierten, therapeutischen Gesamtstrategie hat oder zur erfolgreichen Gesundheitserziehung im Sinne notwendiger Veränderungen der Lebensführung in besonderer Weise beiträgt.

7.

Die „wissenschaftliche Arbeit zum Thema Phytotherapie“ umfasst also neben den klassischen pharmazeutischen und medizinischen Fragen nach dem Verständnis der GPT auch die soziologische Einordnung. Und sie hat neben dem Zweck, Wissen zu schaffen, auch die wichtige Aufgabe, zu einer rationale Auseinandersetzung mit der Fragestellung anzuregen, wie Phytotherapie zum Nutzen der anwendenden Patienten im Rahmen einer personalisierten therapeutischen Gesamtstrategie optimal zum Einsatz gebracht werden kann.

Literatur:

  • Beauchamp TL, Childress JF: Principles of Biomedical Ethics. 7. Aufl., 2012, Oxford University Press.
  • Sackett D: Evidence-based medicine: What it is and what it isn't. BMJ 1996: 312, 71-72

Münster in Westfalen 2013

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