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Pressemitteilung

Jakobskreuzkraut: Gift oder Nahrung?

 

Jakobskreuzkraut (Jacobaea vulgaris Gaertn. syn. Senecio jacobaea L.) (Abbildung 1) ist in Mitteleuropa weit verbreitet. Man findet es auf Wiesen und an Wegrändern und als Unkraut auf landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzten Flächen. Es beginnt seine Blütezeit um den 25. Juli (Jacobi) herum und blüht etwa bis September. Jakobskreuzkraut gehört zu den Greiskräutern, deren botanischer Name Senecio auf lateinisch Senex, der Greis, zurückgeht und auf den weißen Haarschopf der Früchte hinweist. Dieser wirkt wie ein Fallschirm, mit dem die Früchtchen durch den Wind weitergetragen und schnell verbreitet werden.

 

Jakobskreuzkraut ist giftig für Weidetiere

 

Wegen ihres Gehaltes an hochgiftigen Inhaltsstoffen, den Pyrrolizidinalkaloiden (PA), und ihres weit verbreiteten Vorkommens auf Wiesen und Weiden können Greiskräuter für Weidetiere wie Pferde, Rinder und Schafe eine Gefährdung darstellen. Normalerweise meiden Weidetiere PA-haltige Pflanzen wegen ihres bitteren Geschmacks und unterscheiden giftige Unkräuter von Gräsern und Klee. Daher ist das Risiko einer PA-Aufnahme durch Beweidung eher gering, solange die Flächen nicht überweidet sind. Wenn sich Greiskräuter jedoch als Untermischung im verfütterten Heu befinden, sind sie für die Tiere nicht mehr erkennbar und können so aufgenommen werden.

 

Vorsicht auch bei Lebensmitteln, Honig und Arzneitees

 

Eine längerfristige Einnahme der PA aus Greiskräutern kann auch für den Menschen schädlich sein. Deshalb sprachen die für die Sicherheit von Arzneimitteln und Lebensmitteln zuständigen Behörden die Empfehlung aus, so wenig wie möglich von diesen Stoffen aufzunehmen. So gibt es gesetzlich geregelte Höchstmengen für Arzneimittel, die aus Pflanzen hergestellt werden, sowie für Kräutertees, Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel mit pflanzlichen Inhaltsstoffen. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2013 durch Analysen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) das Vorkommen von PA in einer großen Anzahl von Kräuter- und Arzneitees festgestellt wurde und der Verdacht entstand, dass diese durch Unkräuter in die pflanzlichen Produkte eingetragen wurden. Da bereits eine Miternte von weniger als 10 Greiskrautpflanzen pro Hektar zu einer Überschreitung der PA-Grenzwerte im Erntegut führen kann, haben die Lieferanten der Ausgangsstoffe und die Hersteller von Arzneitees frühzeitig einen umfangreichen Maßnahmenkatalog erarbeitet. Man war sich dabei im Klaren, dass eine vollständige Vermeidung des PA-Eintrages in das Erntegut nach dem gegenwärtigen Stand der Technik nicht möglich ist. Die strengen Grenzwerte stellen jedoch sollen sicher, dass eventuelle PA in pflanzlichen Lebensmitteln und Arzneimittel allenfalls in für die menschliche Gesundheit unbedenklichen Spuren auftreten.

 

Auch in Honig konnten PA nachgewiesen werden, weil Bienen sich ihre Nahrung selbst suchen. Je weiter Greiskräuter verbreitet sind und je geringer im Vergleich dazu der Anteil an anderen Blütenpflanzen ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass im Umfeld von Bienenstöcken auch die Greiskräuter von Bienen besucht werden, die dann die Giftstoffe aufnehmen. Umgekehrt kann ein großes Angebot blühender Pflanzen z.B. auf Blühstreifen an Ackerrändern sich positiv auf die Qualität des Honigs im Sinne einer Abwesenheit der Giftstoffe auswirken.

 

Ökologische Bedeutung der Greiskräuter

 

Bienen sind wie alle Insekten unersetzlich für unsere Ökosysteme. Durch ihre Leistung als Bestäuber zahlreicher Wild- und Kulturpflanzen tragen sie dazu maßgeblich bei, dass die Pflanzenwelt in ihrer Vielfalt erhalten bleibt. Neben anderen heimischen Pflanzen gehört auch das Jakobskreuzkraut als Teil der gewachsenen mitteleuropäischen Lebensgemeinschaften zu den für Insekten und damit auch für Bienen wichtigen Blütenpflanzen.

 

Neben seiner Bedeutung für eine Vielzahl an Blütenbesuchern stellen die Greiskräuter auch eine Nahrungsquelle für eine Reihe an Tieren dar, die sich von Pflanzen ernähren. Hierzu gehört der Jakobskrautbär (Tyria jacobaeae L.), auch Karminbär oder Zinnobermotte genannt (Abbildung 2). Die bis zu 3 cm lange Raupe dieses Schmetterlings, wegen ihrer schwarzgelben Färbung auch als Borussia-Raupe bezeichnet, frisst mit Vorliebe die Blätter des Jakobskreuzkrautes. Dabei nimmt sie die giftigen Inhaltsstoffe auf und lagert sie ein. Der Jakobskrautbär zählt damit zu den spezialisierten Pflanzenfressern, die eine Anpassung an die PA ihrer Wirtspflanze entwickelt haben. Für sie sind die Giftstoffe ein Signalstoff, durch den sie die Pflanze auffinden und zur Eiablage nutzen können. Auch verschiedene Flohkäfer ernähren sich im Winter und Frühling von Wurzeln und Blattstielen des Jakobskreuzkrauts, daneben dient die Pflanze z.B. auch einigen Mottenarten als Nahrung. Die Kreuzkraut-Saatfliege legt ihre Eier in die Blüten und die sich entwickelnden Larven fressen die noch unreifen Samen. Insgesamt sind mehr als 170 Insektenarten bekannt, die am Jakobskreuzkraut leben. Dieses ist damit ein wichtiger Teil der Lebensgemeinschaften und trägt zur Biodiversität bei.

 

Risikoabwägung: Jakobskreuzkraut Pro und Contra

 

Da die Pflanze für eine große Anzahl an Insekten eine lebenswichtige Bedeutung als Pollenspender oder Futter- oder Eiablagepflanze hat, stellt sich die Frage, ob das Ausreißen und Entsorgen bzw. Vernichten des Jakobskreuzkrauts (Abbildung 3) im Sinne rigoroser Bekämpfungsmaßnahmen in jedem Fall geboten ist. Dies betrifft insbesondere Areale, die keine Quelle einer Verunkrautung landwirtschaftlich genutzter Flächen darstellen. Sicher müssen potenzielle Gefahren für Mensch und Tier vermieden bzw. solche Gefahrenquellen beseitigt werden, aber gleichzeitig ökologische Belange besonders auf Naturschutzflächen angemessen berücksichtigt werden. Es sollte deshalb immer im Einzelfall unter Abwägung von Nutzen und Risiken des Vorkommens von Jakobskreuzkraut und anderer Greiskräuter beurteilt werden, ob und welche Maßnahmen einer Entfernung bzw. auch weitere Maßnahmen angezeigt sind, dies unter Berücksichtigung sowohl der Gesundheit von Menschen und Tieren als auch der Erhaltung der Biodiversität und der Prioritäten des Naturschutzes.

 

Kontakt:

Dr. Heidi Braunewell

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Raupe des Jakobskrautbärs (Tyria jacobaeae L.) auf Jakobskreuzkraut (Jacobaea vulgaris Gaertn. syn. Senecio jacobaea L.)

Raupe des Jakobskrautbärs (Tyria jacobaeae L.) auf Jakobskreuzkraut (Jacobaea vulgaris Gaertn. syn. Senecio jacobaea L.)

© Barbara Steinhoff, 2021


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